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Feb
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Armand Duplantis – Die Golf-Hoffnung

Armand Duplantis ist Stabhochspringer. Seine zweite Leidenschaft ist Golf. Erfahren Sie mehr über diesen Superstar, der außerhalb der Saison viermal auf den Platz geht, den Schläger wie ein PGA-Tour-Profi schwingt und am ersten Tee regelmäßig eine Panikattacke hat.

Er besitzt eine olympische Goldmedaille und hat einen Weltrekord aufgestellt. Im Jahr 2020 wurde er mit der Svenska-Dagbladet-Goldmedaille und dem Jerring Award ausgezeichnet und hat die Herzen der Schweden im Sturm erobert. Doch all das war ihm keine große Hilfe beim zögerlichen Gang zu seinem ersten Abschlag. Keine Spur von Euphorie. Denn bei seinem ersten Schlag vom ersten Tee haben die Freunde schon im Voraus festgelegt, dass es keinen Mulligan gibt, keine Chance auf einen zweiten Versuch und erst recht keinen dritten … das ist der Moment, an dem die Schmetterlinge im Bauch besonders emsig flattern.

Es gibt nichts, was Armand Duplantis so nervös macht.

„Der Kampf um die Goldmedaille in Tokio war nichts dagegen. Beim Stabhochsprung bin ich bei weitem nicht so nervös. Aber diese aufkeimende Panik vor dem ersten Abschlag, wenn man mit seinen Freunden eine Runde golfen geht, ist mit nichts zu vergleichen. Und wenn es dann noch heißt, dass es keinen Mulligan gibt, wird alles noch schlimmer. Aber das liegt natürlich daran, dass ich beim Golfen nicht so selbstsicher bin.“

Aber warum? Eine entspannte Runde Golf mit Freunden kann doch nicht so wichtig sein wie der Kampf um olympisches Gold?

„Für mich ist es wichtig. Für uns ist es wichtig.“

Das sind die Worte eines ambitionierten Golfanfängers mit ausgeprägtem Kämpfergeist und starkem Siegeswillen.

Es ist ein herrlicher Herbsttag im Uppsala Golf Club, zehn Kilometer westlich der Stadt. Der Himmel ist blau, die Luft ist glasklar und die Sonnenstrahlen tänzeln auf den Tautropfen im tiefgrünen Gras. Ein Blick auf die Abschlagzeiten verrät, dass auch viele andere die Idee hatten, diesen herrlichen Tag auf dem Golfplatz zu verbringen.

In anderen Worten: Es ist einer dieser Tage, an dem man den Golfsport besonders liebt.

Das heißt, wäre da nicht der enge Zeitplan … Nach einer weiteren fabelhaften Saison möchte jeder etwas von Armand Duplantis und er muss sich die nötige Zeit für Sponsoren, Partner und Medien nehmen.

Doch kurz vor dem Interview mit Dormy Magasin kommt ihm eine Idee, die genauso überraschend wie willkommen ist.

„Heißt das, wir unterhalten uns einfach nur? Kein Video. Keine Fotos. Müssen wir das WIRKLICH im Clubhaus machen?“

Nicht unbedingt. Haben Sie einen anderen Vorschlag?

„Können wir uns nicht stattdessen ein Golfcart nehmen und in der Zeit ein paar Löcher spielen? Das würde doch mehr Spaß machen.“

15 Minuten später steht der 22-Jährige mitten im Gehölz rechts des Fairways auf Upsalas „Mellanbana“ (mittlerer Kurs) und sucht nach einer Lücke zwischen den Kiefern und Birken, um seinen Ball wieder auf das Fairway zu bringen. Dabei versucht er, plausible Erklärungen dafür zu finden, wie dieses heimtückische Spiel zu seiner neuen Leidenschaft werden konnte.

„2020 war das Jahr, in dem man aufgrund der Pandemie nicht viel unternehmen konnte. Alles wurde abgesagt. Aber wenn ich in den USA bin, lebe ich in Louisiana und dort waren zwei Golfplätze geöffnet. Also beschlossen ein paar Freunde und ich, es zu versuchen. Und plötzlich spielten wir vier- bis fünfmal die Woche. Wir waren total süchtig“, sagt er.

Was hat ihnen daran so gut gefallen?

„Da gibt es so einiges. Sie wissen ja selbst, wie schwierig und herausfordernd es sein kann. Manchmal macht es auch überhaupt keinen Spaß. Aber dann landet man einen dieser Schläge, die den ganzen Frust wieder wettmachen. Für mich gab es da noch einen anderen Grund. 2020 hatte ich gerade einen Weltrekord aufgestellt und es gab einen enormen Medienrummel, was meine Teilnahme an den Olympischen Spielen anbelangte (die dann auf 2021 verschoben wurden). Eine Menge Menschen wollten mich sprechen und Artikel über mich schreiben. Für mich war es einfach schön, einen Ort zu finden, an dem ich abschalten konnte. Auf dem Golfplatz zählt nur der nächste Schlag.“

Das sechste Loch auf dem von Peter Nordwall entworfenen und technisch interessanten Mellanbana ist ein Par-5, das bergab geht und dann einen Dogleg nach rechts macht. Die optimale Strategie vom Tee besteht darin, den Ball rund 220 Meter vom gelben Abschlag entfernt zu platzieren – was Armand Duplantis mit einem Hybrid locker erreichen würde.

Sein Setup ist athletisch und der Schwung fast schon provokativ kraftvoll und elegant für jemanden, der erst seit eineinhalb Jahren Golf spielt.

„Meine Kumpels und ich schlagen immer weite Bälle. Ich denke, das liegt daran, dass wir viel zusammen Baseball gespielt haben und die Bewegung dem Golfschwung recht ähnlich ist. Gleichzeitig sind wir mehr oder weniger instabil und ziemlich schlecht im Kurzspiel und beim Putten“, gesteht Duplantis ein, während er aus seinem steilen Lie-Winkel mit einem Spoon das wassergeschützte Grün in 240 Metern Entfernung trifft und damit verrät, dass er das Kapitel über Spielstrategie in seinem Golfhandbuch noch nicht ganz erreicht hat.

Auf dem schmalen und relativ kurzen Platz benutzt den Driver heutzutage keiner mehr. Aber auf der Driving Range – unter dem prüfenden Trackman-Ballflugradar – wird der wohlgeölte Schwung in konkrete Zahlen umgesetzt, und die sprechen Bände.

Wenn Duplantis seinen Driver mit maximalem Schwung spielt, erzielt er eine Schwunggeschwindigkeit von etwas über 196 km/h, was man mit den durchschnittlichen 184 km/h auf der PGA Tour vergleichen kann. Bei einem guten Ballkontakt kommt der Ball dann bei rund 300 Metern zum Stehen.

Das beeindruckt so einige Mitglieder des Upsala Golfclubs, die auf der Range hinter ihm stehen und verdutzt feststellen, wie ungerecht es doch ist, dass das Golfen manchen Spielern so verdammt leicht fällt.

Vor ein paar Monaten hatte Duplantis in Los Angeles die Gelegenheit, sich mit Rickie Fowler zu messen, der den Schweden anschließend lobte:

„Mondo hat mich wirklich überrascht. Ich habe nicht gedacht, dass er so gut ist. Sein Schwung ist kraftvoll und athletisch. Er generiert hohe Geschwindigkeiten. Mit ein wenig Arbeit könnte er es wirklich weit bringen. Vielleicht nicht bis zum Tour-Niveau, aber er könnte wirklich gut sein.“

Duplantis hat viele Erinnerungen an die Runde mit Fowler, aber an zwei davon erinnert er sich besonders gern.

„Rickie war so unfassbar gut, dass es schwer zu glauben ist, dass er nicht der beste Spieler der Welt ist. Er hat einen Score von 67 erzielt und keinen einzigen Putt verfehlt – echt erstaunlich. Aber am besten erinnere ich mich daran, wie ich bei einem 20-Meter-Putt beim ersten Loch einen Birdie erzielt hab. Da bin ich dann ganz stolz zum zweiten Loch gegangen und meinte ‚Ich glaube, der erste Schlag gehört mir, Rickie’.“

Die Frage, was ein olympischer Goldmedaillengewinner und Weltrekordhalter im Stabhochsprung von seinem Golfspiel, das sich auf einem viel bescheideneren Niveau bewegt, lernen kann, klingt natürlich etwas seltsam.

Dennoch muss sie gestellt werden.

Armand Duplantis steht am siebten Tee, ein 8er-Eisen in der Hand, und formuliert recht zügig seine Antwort, bevor er den Ball auf das gigantische Grün schlägt. Denn diese Frage hatte er sich selbst bereits gestellt.

„Eine Sache, die mich der Golfsport gelehrt hat, ist der Aspekt des Fokus. Wenn man am Tee steht, hat man nur einen einzigen Versuch. Beim Stabhochsprung hat man immer drei. Früher habe ich immer dazu tendiert, beim dritten Versuch noch ein bisschen mehr herauszuholen. Jetzt gebe ich schon beim ersten Versuch alles, als wäre es der letzte. Wie beim Golfen. Beim Golfen zählt jeder Schlag und ich versuche, das auch beim Springen umzusetzen, damit auch jeder Sprung zählt“, so Duplantis.

Vor allem aber ist Golf eine willkommene Abwechslung zum hektischen Alltag auf der Stabhochsprungtour.

Wenige Tage zuvor gewann er das Saisonfinale der Diamond League in Zürich. Ein weiterer wichtiger Titel in seinem Lebenslauf. Jetzt erwarten ihn drei golfreiche Wochen auf seinem Heimplatz Håmö außerhalb von Upsala und der ein oder andere Ausflug zu einem benachbarten Golfplatz. Obwohl „Mondo“ erst seit 1,5 Jahren spielt, hat er schon das ein oder andere Kronjuwel des schwedischen Golfsports abgestaubt und auf Golfplätzen wie Hills, Bro Hof und Falsterbo gespielt.

„Beim Spiel auf Falsterbo war das Wetter wirklich schlecht. Es hat stark geregnet und war verdammt windig, aber der Platz ist wirklich schön. Der Regen stört mich nicht. Ich spiele trotzdem, egal was. Man muss sich nur die Wettervorhersage ansehen und sich entscheiden, was man anzieht, und dann kann’s losgehen.“

Während der Wettkampfsaison ist es jedoch schwieriger, ein paar Runden Golf zu spielen, obwohl die Stabhochsprungtour an vielen attraktiven Orten mit verlockenden Golfplätzen in der Nähe unterwegs ist.

„Als wir letzten Sommer an der Diamond League in Lausanne teilnahmen, wäre ich fast der Versuchung erlegen und hätte etwas Verrücktes gemacht.“

Was ist passiert?

„Am Tag vor dem Wettkampf wurde ich zu einem Pro-Am-Spiel der European Tour im 1,5 Stunden entfernten Crans Montana eingeladen. Und ich habe ernsthaft mit dem Gedanken gespielt, weil ich es wirklich cool fand, habe aber letzten Endes doch abgelehnt. Es wäre eine irre Aktion gewesen. Aber ich hätte es wirklich tun sollen, denn beim Wettkampf hinterher bin ich echt schlecht gesprungen“, sagt er und lacht.

Es macht wirklich Spaß, sich mit Armand Duplantis zu unterhalten.

Das Interview wird auf Englisch mit einigen Häppchen Schwedisch geführt. Er ist charmant, witzig und mit seinen 22 Jahren noch nicht der Langeweile und Nachlässigkeit im Umgang mit den Medien verfallen. Er antwortet offen und enthusiastisch, trifft manchmal den Rasen anstelle des Balls und nuschelt ein wenig, bevor er den Faden wieder aufnimmt, den er im Eifer des Gefechts hin und wieder verliert.

Das Leuchten in seinen Augen verrät, welchen Spaß im das Golfen bereitet.

„Es gibt viele Gründe, warum Golf Spaß macht. Aber mein Handicap ist mir nicht wichtig. Ich liege jetzt bei 13,7, aber ich vergesse oft, meine Runden aufzuzeichnen. Das einzig Wichtige für mich ist, meine Kumpels zu besiegen. Wir haben mehr oder weniger zeitgleich mit dem Spielen angefangen und sind spielerisch auf demselben Niveau. So können wir gleichberechtigt gegeneinander antreten. Das macht Spaß“, erklärt „Mondo“ und fährt fort:

„Ich würde gern professionell Golf spielen. Aber wissen Sie, worum ich Profigolfer am meisten beneide?“

Nein, verraten Sie es mir.

„Um die Senioren-Tour. Man kann sein Leben lang Golf spielen und sogar Wettkämpfe antreten. Wenn ich das Springen an den Nagel hänge, dann ist es vorbei. Ich würde ja keine vier Meter bei einem Seniorenwettkampf springen. Das klingt außerdem ziemlich schmerzhaft.“

Die Runde neigt sich dem Ende und damit auch unser Gespräch.

Es ist Zeit für das zweite und letzte Interview des Tages mit dem Modemagazin Café.

Bevor ich den Upsala Golfplatz verlasse, höre ich, wie Armand Duplantis den Journalisten davon überzeugt, das Interview auf dem Platz durchzuführen.

Und dann startet der Golfwagen zu einer weiteren Runde.

FAKTEN

Name:

Armand Gustav „Mondo“ Duplantis.

Alter:

22 Jahre.

Wohnort:

Kungsholmen in Stockholm und Lafayette in Louisiana.

Familie:

Mutter Helena, Vater Greg, Brüder Andreas und Antoine, Schwester Johanna. Freundin Desiré.

Golfschläger:

Upsala Golf Club.

Handicap:

13,7

Auszeichnungen:

Gold bei Olympia 2020, Gold bei den European Championships 2018, Silber bei den Leichtathletik-Weltmeisterschaften 2019. Hält mit seinem Sprung über 6,18 m in Glasgow 2020 den Weltrekord.

Tobias Bergman